Alfred Wyss-Nolting, Dr. phil. Denkmalpfleger

2. November 1929 bis 5. Dezember 2016

Am 5. Dezember 2016 ist Alfred Wyss, der ehemalige Denkmalpfleger des Kantons Graubünden und des Kantons Basel Stadt, in seiner Vaterstadt gestorben. Alfred Wyss studierte an der Universität Basel bei Josef Gantner und in Paris. Er dissertierte 1960 mit seiner Arbeit über das Prämonstratenser Kloster Bellelay im Jura. Im selben Jahr wurde er zum ersten Denkmalpfleger des Kantons Graubünden gewählt. Er war damit Leiter eines neu geschaffenen Amtes, zu dem auch die Fachbereiche Natur- und Landschaftsschutz gehörten. Er befasste sich nicht nur mit der Erforschung, Konservierung, Restaurierung und Baubegleitung der Haupt- und Staatsbauten, wie dem Kloster der Benediktinerinnen St. Johann in Müstair, dem Grauen Haus, dem Regierungssitz in Chur und der romanischen Bilderdecke der Kirche St. Martin in Zillis, ihm war auch die ländliche Architektur und die Pflege der Ortsbilder in Graubünden stets ein besonderes Anliegen. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern Diego Giovanoli und Peter Zumthor erarbeitete Alfred Wyss die beispielhaften Siedlungsinventare von Vrin und Castasegna. Mit diesen Strukturanalysen der Dörfer wurde eine spezifische bündnerische Bestandesaufnahme erarbeitet.

In den Anfängen bestand die Kantonale Denkmalpflege Graubünden bloss aus dem Amtsleiter, Alfred Wyss, später unterstützte ihn die langjährige Sekretärin, Frau Anny Frank. In den 18 Jahren seiner Tätigkeit in Graubünden hat sich Alfred Wyss intensiv mit allen Teilbereichen der Denkmalkunde befasst: Kunstgeschichte, Technologie, Realienkunde, aber auch Bauforschung, Inventarisation sowie Orts-und Raumplanung. Er regte wissenschaftliche Arbeiten an und förderte diese, wie die Neubearbeitung des Burgenbuches von Erwin Poeschel durch Otto P. Clavadetscher und Werner Meyer, das Inventar der Bauten der Rhätischen Bahn durch Leza Dosch und das Orgelinventar Willy Lippuners.

1978 wurde Alfred Wyss als Nachfolger von Fritz Lauber zum Denkmalpfleger der Stadt Basel berufen, wo er – wie zuvor im Kanton Graubünden – eine zeitgemässe Fachstelle aufbaute und vor allem das neue Denkmalpflege-Gesetz massgeblich mitgestaltete. Neben seinem Beruf in Basel war Alfred Wyss als Experte und Vizepräsident der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD) und als Vizepräsident von ICOMOS Suisse in der ganzen Schweiz als kenntnisreicher und kritischer Fachmann gefragt. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern von ICOMOS Suisse und der Vereinigung der Schweizer Denkmalpfleger (VSD), heute Konferenz der Schweizer Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger (KSD). Alfred Wyss befasste sich intensiv mit naturwissenschaftlichen Methoden in der Denkmalpflege. So wurde er zum Gesprächspartner und Mentor von Technologen und Restauratoren.

Auch nach seiner Pensionierung im Jahr 1994, als Denkmalpfleger des Kantons Basel Stadt, war Alfred Wyss weiterhin in denkmalpflegerischen Fachgremien tätig, die an seiner 34-jährigen Erfahrung auf dem Lande und in der Stadt teilhaben konnten.

Alle, die Alfred Wyss gekannt haben, werden ihn als feinfühligen, humorvollen, kritischen und weisen Ratgeber und Freund in Erinnerung behalten.

Monica Bilfinger und Hans Rutishauser, Januar 2017

Aktiv werden und bleiben